In Treue und Beständigkeit

Eine bemerkenswerte Person aus dem Buch Mormon ist Korihor, der Antichrist. Ein Antichrist ist ein Mensch, der gegen Christus ist und die Sache Christi bekämpft. Antichristen können sich auch organisieren und gemeinsam Ziele verfolgen, die sich gegen Christus und seine Absichten richten. Der Weg der Umkehr ist ihnen nicht versperrt. Sie können umkehren. Ein klassisches Beispiel ist Saulus von Tarsus, der gegen die junge christliche Kirche wütete. Als er dahinzog umstrahlte ihn ein Lichtschein vom Himmel her und er vernahm eine Stimme, die ihm zurief: „ Saul, Saul! Was verfolgst du mich?“ Als Saulus die Frage stellte, wer der Fragesteller sei, antwortete dieser: „Ich bin Jesus, den du verfolgst“. Die Folgen dieser Vision kennen wir. Er wurde der bedeutendste Missionar der frühen Kirchengeschichte.

Korihor übte im Gegensatz zu Saulus keine Umkehr. Seine antichristlichen Argumente sind nach wie vor aktuell. Sie geben uns ein klares Muster für die antichristlichen Argumente der Neuzeit.

Als erstes bezeichnet er die Hoffnung der Gläubigen als töricht und vergeblich. Genau dieses Argument finden wir heute in ähnlichen Begriffen wieder. Denn statt töricht können wir auch abträglich, fatal, misslich, ungeschickt, dumm, einfältig oder naiv sagen. Es gibt noch weitere Möglichkeiten. Und weil nach Auffassung eines Antichristen diese Hoffnung eben töricht sei, wäre sie auch vergeblich. Es sei Torheit, nach einem Wesen auszuschauen, das kommen soll, denn niemand weiß, was kommen wird, sagen die Antichristen. Und weil niemand weiß, was kommen wird, könne es auch keine Prophezeiung geben, folglich sind es nur törichte Überlieferungen.

Korihor führt dann ein typisch antichristliches Argument an. Er sagt, man könne nicht von etwas wissen, was man nicht sieht. Darauf baut seine ganze Argumentation auf. Was man nicht sieht, kann man nicht wissen. Darum ist es töricht und vergeblich, auf Dinge zu bauen, von denen man nichts weiß. Daher lehnte er die Lehren des Evangeliums ab und bezeichnete die Christen als, nun ich sage mal, bildungsfern.

Stattdessen predigte er seine eigenen Lehren, die wir auch heute praktisch gleichlautend wiederfinden. Jedem Geschöpf ergehe es so, wie es sich verhält. Und da Menschen Geschöpfe sind, verhalten sie sich auch auf ihre Art. Und so gedeihe jeder Mensch gemäß seiner Begabung. Deswegen ist es auch in Ordnung, wenn jeder Mensch gewinne, wie es seiner Kraft entspricht. Und was man auch tue, es sei kein Verbrechen.

Wir merken schon, dass die Worte Korihors im klaren Gegensatz zum Evangelium stehen. Und wir erkennen auch, dass diese Worte im Wesentlichen dem entsprechen, was uns weltweit als Menschenphilosophie verkündet wird.

Vor einigen Jahren diskutierte ich in einem christlichen Forum mit Naturwissenschaftlern und anderen Leuten, die zum Teil Freikirchen angehörten oder sich einfach nur als Christen bezeichneten. Diese Naturwissenschaftler waren zum größten Teil Atheisten. Für sie waren Christen törichte Leute, denen sie sich überlegen fühlten. Sie wussten ja, weil sie sich auf das verließen, was sie sahen. Ich bohrte ein wenig nach, bis ich bei der Frage war, was denn nun die Kraft war, die solch kleine Proteine zu lebendigen Zellen werden ließe. Diese Antwort konnten sie mir nicht geben. Neulich lass ich die Worte eines Gelehrten die zu meiner Frage passte. Er stellte dieselbe Frage mit anderen Worten: „Wie konnten dumme Atome von selbst ihre eigene Software schreiben?“

Eine einfache menschliche Zelle ist ein Wunderwerk der Natur. Vergleichbar mit einer Fabrik, die unmöglich rein zufällig entstehen konnte. Wir können das aufgrund unseres technischen und wissenschaftlichen Fortschritts sehen.

Und jetzt sind wir wieder bei Korihor. Er wurde zu Alma gebracht, wo er seine Anschuldigungen wiederholte und die Existenz Gottes verneinte. Alma hielt ihm entgegen, dass er keine Beweise für seine Argumente hätte, als nur seine Worte. Doch sowohl Alma als auch Korihor haben die Zeugnisse ihrer Brüder, aller Propheten, die Heiligen Schriften, ja sogar die ganze Schöpfung für sich.

Hier beruft sich Alma also auch auf die Schöpfung. Sowohl die Erde und was auf ihr ist, ihre Bewegung und sogar auf die Planeten, die sich in ihrer regelmäßigen Ordnung bewegen.

Wir haben diese Zeugnisse auch für uns. In den Versammlungen wird uns Zeugnis gegeben. Eigentlich ist jede Ansprache ein Zeugnis. Wir haben auch die Heiligen Schriften und die Welt um uns herum. Und während uns in einer Stadt die Steine Zeugnis von der Schaffenskraft der Menschen geben, so gibt uns die freie Natur Zeugnis von der Schaffenskraft eines Schöpfers.

Ich erinnere mich an eine klare Winternacht. Ich schaute hinauf zu den Sternen und ich dachte bei mir, dass kann doch kein Zufall sein, dass all diese Sterne sich dort oben rein zufällig nach einer bestimmten Ordnung bewegen. Eigentlich müssten sie sich völlig chaotisch bewegen und sogar aufeinanderprallen. Das taten sie aber nicht. Und so dachte ich mir, wer hat ihnen diese Ordnung gegeben? Die physikalische Antwort reichte mir nicht. Denn auch die Physik unterliegt Gesetzmäßigkeiten, die nicht rein zufällig entstehen, sondern gegeben werden müssen. Es ist wieder die Frage danach, wer die Software geschrieben hat. Denn dumme Atome schreiben keine Software.

Wenn es nun einen Gott gibt, der dieses Sternenmeer erschuf, wer war dieser Gott? Damals wusste ich es noch nicht. Es brauchte noch etwa ein Jahr.

Ich hatte ein Zimmer gemietet. Missionare klingelten an der Wohnungstür. Meine Wirtin öffnete. Sie war allein und bat die Missionare, am Abend noch einmal wiederzukommen. Sie gingen an diesem Abend am Haus vorbei. Einer der beiden meinte, sie sollten es noch einmal versuchen. Sie klingelten wieder, mein Wirt öffnete. Er hatte kein Interesse und klopfte an meiner Zimmertür. Eine Minute später saßen die Beiden in meinem Zimmer und etwa einen Monat später wurde ich Mitglied in unserer Kirche.

Das brachte viele Veränderungen mit sich. Und sicherlich habe ich so manchen Fehler gemacht. Da waren viele Ecken und Kanten. Da waren auch Erlebnisse, die noch nicht verarbeitet waren und Erinnerungen, die schmerzten. Aber ich war noch jung, und junge Menschen wollen die Welt erobern. Erobert habe ich nichts. Stattdessen wurden meine Ecken und Kanten etwas runder und ich selbst wurde demütiger. Und in dem Maße, wie mein „ich will“ einem „wie du willst“ wich, wurde ich auch ruhiger und meine Seele fand Frieden.

Wir wissen schon, dass der Weg des Evangeliums nicht leicht ist. Wir sprechen zuweilen auch von der „Frohen Botschaft“. Das Frohe daran kann zuweilen auf sich warten lassen, denn ein sterbliches Leben voller Glückseligkeit gibt es nicht. Das Frohe an der Botschaft ist die Aussicht auf das Ewige Leben und ein Vorgeschmack daran, den wir zuweilen kosten dürfen. Die Heiligen Schriften zeigen uns, wie es den Großen und Edlen des Herrn ergangen ist. Schon Adam und Eva hatten einen missratenen Sohn, der seinen eigenen Bruder ermordete. Moses haderte mit dem Herrn wegen der Halsstarrigkeit der Israeliten, Lehi wurde krank vor Kummer wegen Laman und Lemuel und Joseph Smith hätte ohne seine Berufung gewiss ein ruhigeres Leben.

Doch alle Bedrängnisse sollen uns Erfahrung geben. Erfahrungen, die uns zu helfen, wichtige Grundsätze zu verstehen. Glücklicherweise müssen wir nicht jede Erfahrung selber machen. Es reicht meistens schon aus, aus den Erfahrungen anderer zu lernen.

Manchmal fühlen wir uns Aufgrund falscher Entscheidungen oder ungünstiger Lebensumstände gar nicht gut. Wir hadern mit uns selbst oder mit unserem Leben. Vielleicht machen wir unserem Vater im Himmel Vorwürfe und ziehen uns zurück. Wenn sich die Seele verfinstert ergeht es uns wie Joseph Smith, als er im Wald betete um eine Antwort zu erhalten, welcher Kirche er sich anschließen sollte. Er berichtet von einer tiefen Finsternis, die sich über ihn legte und ihn zu vernichten drohte. Er hätte aufstehen und aus dem Wald rennen können. Das tat er nicht. Stattdessen betete er noch machtvoller bis die Finsternis von ihm wich. Manche, die ich kennengelernt habe, sind weggerannt, als sich ihre Seele verfinsterte. Wenn es dunkel wird, sollten wir uns daran erinnern, wer der Vater der Finsternis ist. In der Dunkelheit lässt sich schlecht sehen und wir verlieren den Kurs. Gerade dann, wenn wir bedrängt sind, wenn wir merken, dass wir uns vom Herrn entfernen wollen, sollten wir machtvoller als üblich beten.

Kommen wir auf den Antichristen zurück, der uns in so vielfältiger Form und nicht ganz selten entgegen tritt. Sie sind immer und immer wieder die Verführer, die uns von unseren wahren Grundsätzen wegziehen wollen. Ihre Lebensweisheiten haben mit dem Evangelium nichts zu tun.

Es mag sein, dass wir Fragen haben, weil wir unser Leben etwas leichter gestalten wollen. Es gibt genügend Literatur, die uns Lebenshilfe anbietet. Ich habe mich nie mit dieser Literatur befasst, denn soweit ich es grob überschauen kann, geben sie zwar praktische Tipps, aber es fehlen die wesentlichen Grundsätze von Umkehr und Vergebung. Das Sühnopfer Jesu wird gar nicht erwähnt. Diese Literatur – mag sie noch so gut gemeint sein – führt uns nicht zu Jesus, sondern bietet einen bequemeren Weg an. Doch ohne sein Sühnopfer können wir nicht von unseren Sünden erlöst werden. Sie lasten weiter auf unseren Schultern, machen uns das Herz schwer, und zieht uns herab.

Ich habe es so gehalten, dass ich mich vom Heiligen Geist habe führen lassen. Meistens jedenfalls. Das ist zwar nicht nötig, wenn man sich beim Bäcker ein paar Brötchen kaufen möchte. Doch bei größeren Entscheidungen, sogar schon bei Kurskorrekturen ist das bedeutsam. Denn der Heilige Geist kennt nicht nur den Kurs, sondern auch das Ziel. Manchmal neigen wir dazu, unseren Lotsen reden zu lassen. Wir hören nicht auf ihn. Die Folge sind erhebliche Abweichungen vom Kurs. Ist schon klar, wir wollen zeigen, dass wir gut am Ruder sind, wollen sogar mal Kapitän sein und zeigen, wo es lang geht. Im überschaubaren Raum kann man das machen. Die Welt ist als Raum aber nicht mehr überschaubar. Das war sie noch nie. Deswegen brauchen wir den Heiligen Geist, dem die Welt nicht zu groß ist und der den Durchblick hat, der uns fehlt.

Denken wir also daran. Die Welt ist voller Antichristen. Lassen wir uns nicht verführen. Es gibt keine Alternative zum Evangelium Jesu Christi, wenn wir zum Vater zurückkehren wollen. Lassen wir uns nicht wegziehen und halten wir die Treue zum Herrn aufrecht. Und das besonders dann, wenn wir merken, dass wir uns von ihm entfernen.

Denken wir daran, dass der Weg steinig und oft genug auch gefährlich ist und wir zuweilen Trübsal ausgesetzt sind. Das große Glück liegt noch vor uns. Wir haben genug Zeugnisse vor uns, die bezeugen, dass Gott lebt und Jesus der Christus ist.